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Rüdiger Safranski: Schopenhauer und Die wilden Jahre der Philosophie
Rüdiger Safranski: Schopenhauer und Die wilden Jahre der Philosophie

Pessimistische Philosophie

Schopenhauerbiographie neu erschienen

Anlässlich des 150. Todestages von Arthur Schopenhauer ist im Carl Hanser Verlag die von Rüdiger Safranski verfasste Biografie des Philosophen neu erschienen.

VON MICHAEL RÖSENER

Schopenhauer: Karikatur? von Wilhelm Busch

Mittlerweile als Standardwerk etabliert, bietet das Buch eine detailreiche Beschreibung von Schopenhauers Leben und Denken. Die einzelnen Abschnitte leitet Safranski durch Abrisse des politischen und geistesgeschichtlichen Kontextes ein - etwa die preußische Besetzung Danzigs, aufgrund derer die Handelsfamilie Schopenhauer in die freie Stadt Hamburg floh oder die Kontinentalsperre Napoleons mit ihren wirtschaftlichen Folgen für die von England abhängige Hansestadt.

Der philosophische Diskurs der Zeit wird von Safranski ausführlich beschrieben. Schopenhauers erkenntnistheoretische Auseinandersetzung mit Plato und Kant bildet die Grundlage für dessen eigene Philosophie, in der er weit über Kant hinausgeht und die Möglichkeit von Erkenntnis radikal in Frage stellt. Seine Einsichten sieht er als Gegenentwurf zu den etablierten philosophischen Schwergewichten Hegel und Fichte, die er in diversen Schriften mit Häme und Spott überzieht, gegen die er sich aber letztlich nicht durchsetzen kann. Bis kurz vor seinem Tod führt er so ein Schattendasein, als einer, der gegen die allgemeine Akzeptanz etablierter philosophischer Schulen ankämpft, jedoch nicht wahrgenommen wird. Erst sechs Jahre vor seinem Tod erscheint die lang ersehnte zweite Auflage seines Hauptwerkes "Die Welt als Wille und Vorstellung". Berühmt wurde Schopenhauer erst durch seine "Aphorismen zur Lebensweisheit", einer Alltagsphilosophie für die Anwendung im täglichen Leben, die Schopenhauer selbst eher als Nebenwerk sah.

Schopenhauer hatte das Glück von der Erbschaft seines Vaters ein gutes Auskommen zu haben, und konnte seine Philosophie ohne die Abhängigkeit von einer kaufenden Öffentlichkeit entwickeln. Er musste nicht von der Philosophie leben, sondern konnte es sich leisten für sie zu leben.

Aus einer Haltung der inneren Distanz formuliert Schopenhauer seine Sicht auf die Welt und das Leben der Menschen. Pessimistisch und mit bitterem Sarkasmus lässt er keinen Zweifel daran, dass er die menschliche Existenz für nichts als einen tragischen Fehler hält. Konsequent weitergedacht wird er so zu dem Philosophen, der die drei großen Kränkungen der Menschheit durchdenkt und formuliert: Die Erde als ein Planet unter unendlich vielen anderen, auf dem nur aus Zufall Leben entstehen konnte, der Mensch als eines von vielen Tieren, dem die Intelligenz nur aus Mangel an Instinkt gegeben wurde und die Tatsache, dass nicht einmal das eigene Ich souverän über sich selbst herrschen kann.

Safranski gelingt in der Biografie ein gelungenes Wechselspiel zwischen biografischen Bezügen sowie der Einbettung von Schopenhauers Denken in den gesellschaftlichen und philosophischen Zusammenhang der Zeit. Es ist ein Werk, dass nicht nur den philosophie- sondern auch den geschichtsinteressierten Lesern viel Freude machen wird.

Zitat:
Ein Mensch kann zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will." Arthur Schopenhauer

Rüdiger Safranski: Schopenhauer und Die wilden Jahre der Philosophie.
Carl Hanser Verlag, München, 2010, ISBN: 978-3-446-23582-3 ......................... Das Buch.